Firma Weijtmans arbeitet mit dem MKG-Spezialkran
Das Quecksilber des Thermometers dümpelt bei 14 Grad, dazu regnet es Bindfäden – dabei haben wir Mitte Juli! Kein schönes Wetter zum Arbeiten unter freiem Himmel, schon gar nicht für Baumkletterer. Doch die Mitarbeiter der Firma Weijtmans haben Glück, sie müssen auf keine der rund 30 Roteichen klettern, die sie hier fällen sollen. Diese Arbeit übernimmt nämlich der mächtige Fällkran des norddeutschen Herstellers MKG. Der rund eine halbe Million Euro teure Kran ist das Prunkstück im Weijtmans`schen Maschinenpark und dort seit drei Jahren im Einsatz. Derzeit ist das Gerät absolut einzigartig – aber nicht mehr lange, denn dann bekommen die Niederländer einen weiteren Fällkran von MKG, diesmal sogar noch größer.
Die Roteichen sind Teil einer Allee zwischen den Ortschaften Nuenen und Helmond in der niederländischen Provinz Nordbrabant. Bei der Vorbereitung von Straßenbauarbeiten hat man hier an rund 30 Bäumen Holzfäule entdeckt, also müssen diese aus Gründen der Verkehrssicherheit ab. Die Roteichen sollen nicht im Ganzen gefällt werden, ansonsten könnten sie die verbleibenden Bäume beschädigen, auch müßten alle betroffenen Grundbesitzer um Erlaubnis gefragt werden. Für Kees Weijtmans, Geschäftsführer der Firma Boomrooierij Weijtmans, und sein Team ist dieser Einsatz fast ein Heimspiel: Keine 50 Kilometer trennen den Firmensitz in Udenhout von den Roteichen in Nuenen.
Eine Portion Vorsicht scheint bei den Arbeiten durchaus angebracht, schließlich sind die Roteichen echte Kaventsmänner: Einige Exemplare bringen es auf etwa 80 Zentimeter BHD. So viel beträgt auch der maximale Fälldurchmesser des Fällkopfes – die größte Stärke des MKG-Fällkrans ist jedoch nicht schiere Kraft, sondern eine besonders hohe Flexibilität. Das fängt beim Ausleger an. Andere Fällkrane besitzen in der Regel nur einen einzelnen Auslegerarm; der MKG HMK 901 Ta2-a1, so die offizielle Bezeichnung, verfügt jedoch über zwei per Gelenk miteinander verbundene Teleskopausleger. Im unteren sind zwei Teleskopausschübe untergebracht, im oberen ein einzelner. Dadurch erreicht der Kran eine seitliche Reichweite von 22 Metern, in der Höhe sind sogar 32 Meter möglich – jedoch nur ohne angebauten Fällkopf im reinen Seilbetrieb. Mit dem 2,5 Tonnen schweren Fällkopf läßt sich bis rund 18 Meter seitlicher Auslage arbeiten, laut Kees Weijtmans hebt der Kran dann noch etwa eine Tonne. Das Aggregat selbst besitzt eine Haltekraft von sechs Tonnen, der Kran stellt eine so hohe Hubkraft bis etwa zehn Meter seitlicher Auslage zur Verfügung.
Zwei Ausleger, zwei Sägen
Ebenso wie der zweiteilige Ausleger sorgt eine Tilt- und Schwenkeinrichtung am Aggregat dafür, daß auch die verwinkeltsten Äste und Stämme sicher gegriffen werden können. Es kann beim Abtragen von Bäumen vielseitiger vorgegangen werden, man kann um Hindernisse herumgreifen oder einen Ast hinter dem Stamm packen. Im Vergleich mit einem Kran mit einzelnem Ausleger ist auch das Ablegen des Holzes unkompliziert: Der Kranführer kann sich einen passenden Platz rings um den Kran herum aussuchen, gerne auch nahe am Fahrzeug. Der Ausleger wurde speziell für Firma Weijtmans entwickelt, da beim Bäumeabtragen große Torsionskräfte auftreten. MKG stellt hauptsächlich Bau- und Montagekrane her, dort treten solche Kräfte kaum auf, da die Last in der Regel am Seil hängt. Die Niedersachsen scheinen ihre Sache gut gemacht zu haben: In 3.500 Betriebsstunden hatte Firma Weijtmans bisher keine größeren Probleme zu beklagen.
Als Trägerfahrzeug fungiert ein Vierachser der Firma Ginaf, einem niederländischen Hersteller von Spezial-Lkw auf DAF-Basis. Das Fahrzeug vom Typ X 4241 S besitzt drei gelenkte und zwei angetriebene Achsen.
Eine echte Spezialentwicklung ist auch der Fällkopf. Kees Weijtmans ließ ihn damals bei der Firma Wellink nach seinen Wünschen fertigen. Die Besonderheit: Das Gerät besitzt zwei Sägeeinheiten, an jeder Seite des Greifers eine. Aber welchen Sinn hat das? Der Bediener kann so den Ast oder Stamm immer mit der bestmöglichen Greiferstellung packen, ohne Rücksicht auf die Position der Säge nehmen zu müssen. Gesägt wird natürlich immer mit der dem Baum zugewandten Säge; um ein versehentliches Auslösen der falschen Sägeeinheit zu verhindern, sind diese in unterschiedlichen Farben lackiert, genauso wie die dazugehörigen Bedienelemente.
Apropos Bedienelemente: Der Kran wird komplett per Funk gesteuert. Deshalb kann sich der Kranführer stets so postieren, daß er beste Sicht auf den Arbeitsbereich hat. Aufgrund der vielen Funktionen des Krans und des Aggregats besteht für den Bediener ein großes Risiko, Fehler zu machen. Kees Weijtmans ließ seinen dafür vorgesehenen Mitarbeiter deshalb geschlagene 1.000 Stunden mit einem Leihkran üben, bevor er an den Fällkran durfte.
Ein stattlicher Maschinenpark
Neben dem MKG-Kran hat Firma Weijtmans eine weitere Maschine mit nach Nuenen gebracht: den Doosan DX 160W. Der 16-Tonnen-Bagger ist mit einem kräftigen Greifer ausgerüstet und hilft beim Sortieren und Aufladen des Holzes sowie beim motormanuellen Fällen des Stammstücks. Das anfallende Material transportieren die Arbeiter mit firmeneigenen Lkw ab. Firma Weijtmans hält insgesamt sieben Lkw mit Ladekran vor, einen reinen Kurzholztransporter und sechs Lkw, die neben Rungen auch mit Seiten- und Heckwänden zum Kronentransport umgerüstet werden können. Das Stammholz der 30 Roteichen wird einmal in Kaminen und Holzöfen enden: Die schlechte Qualität, unter anderem wegen Metalleinschlüssen (Nägel), läßt keine andere Verwertung zu. Strauch- und Astmaterial wird zu Hackschnitzeln verarbeitet oder kompostiert.
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Die Spezialfällung als Normalfall
Der Familienbetrieb Weijtmans besteht bereits seit über 200 Jahren. Aktuell wird er in siebter Generation von Kees Weijtmans geführt. Der heute 43jährige übernahm die Firma im Jahr 2000 von seinem Vater. 15 festangestellte Mitarbeiter und bis zu zehn Saisonarbeiter schicken sich Tag für Tag an, Problembäume zur Strecke zu bringen. Dabei fallen jährlich rund 15.000 Raummeter Fabrikholz an, etwa 10.000 Tonnen Holz werden kompostiert oder zu Biomasse verarbeitet. Auftraggeber sind sowohl Privatleute als auch Gemeinden oder die Bahn. Neben den bereits erwähnten Maschinen können die Mitarbeiter unter anderem auf zwei Radlader mit Holzgreifer, zwei Traktoren samt Stockfräse und einen Unimog mit Seilwinde am Ausleger zurückgreifen.
Eine Spezialität der Boomrooierij Weijtmans ist die Fällung in Gebäudenähe. Hierfür bauen die Niederländer hin und wieder den Fällkopf ihres MKG-Krans ab und nutzen ihn als Seilkran. Dank der außergewöhnlichen Geometrie mit zwei Auslegerarmen und der großen Auslage eignet sich der Kran prima zum Übergreifen von Objekten wie beispielsweise Gebäuden, so daß anfallendes Holz auch aus schwer zugänglichen Bereichen sicher entfernt werden kann. Dafür steht auch genügend qualifiziertes Personal bereit, Weijtmans hat alleine fünf European Tree Workers (Baumkletterer) und zwei European Tree Technicians (Baumtechniker) beschäftigt.
Derzeit herrscht Hochkonjunktur bei Firma Weijtmans. Schuld ist das Tiefdruckgebiet Ianto, das Ende Juni 2011 über Teile der Niederlande hinwegfegte. Alleine in der Gemeinde Vught in der Provinz Nordbrabant seien über tausend Bäume umgefallen, weiß Kees Weijtmans zu berichten – wohlgemerkt alleine außerhalb der Wälder. Zusammen mit anderen Firmen haben sie dort zwei Wochen lang die gröbsten Schäden beseitigt, fünf große Krane kamen dabei zum Einsatz.
Der Fällkran bekommt Verstärkung
Wegen gut gefüllter Auftragsbücher und der problemlosen Funktion des Fällkrans entschied sich Kees Weijtmans, einen weiteren bei MKG zu bestellen. Vom prinzipiellen Aufbau wird der neue ähnlich sein, aber ein gutes Stück größer: bis zu 42 Meter in der Höhe und 30 Meter seitlich wird der Kran reichen. Als absolutes Highlight wird der Kran über einen Wechselausleger verfügen. Es wird einen langen, schlanken Ausleger für gute Wirtschaftlichkeit bei Seilarbeiten geben sowie einen etwas kürzeren, stabilen für Arbeiten mit einem Fällkopf. Trägerfahrzeug wird auch hier ein Ginaf-Vierachser, der neben drei gelenkten aber auch drei angetriebene Achsen spendiert bekommt. Nur wer das Aggregat liefern soll, ist noch nicht klar, denn die Firma Wellink existiert nicht mehr in der Form wie vor drei Jahren.
Die Lieferung erfolgt vermutlich im September; gut möglich, daß die neue, etwa 650.000 Euro teure Maschine bald darauf in Forstmaschinen-Profi auftaucht.
www.weijtmans.nl
www.mkg-krane.de
Jan Biernath