In Meck-Pomm läuft der erste Schuchardt-Tandemanhänger
Die meisten Holzkutscher sind Könner ihres Fachs, keine Frage; das heißt aber nicht, daß sie Technik kategorisch ablehnen, die ihnen das Leben leichter machen kann.
Wie auf Schienen zirkelt Ingo Ramp sein neues Gefährt ans Polter im Universitätsforst Greifswald – dabei ist Rückwärtsfahren sicher nicht jedermanns Sache, schon gar nicht im Wald. Den runden Kilometer in verkehrter Richtung absolviert der 47jährige mit Leichtigkeit. Das liegt nicht nur an seiner Erfahrung, sondern auch an der Bauweise des Anhängers: Dieser besitzt auf Wunsch seines Fahrers eine Tandemachse. „Der läuft genau so klasse, wie ich es gehofft habe“, freut sich Ramp. Im Gegensatz zu üblicherweise im Holztransport verwendeten Drehschemelanhängern gibt’s beim Tandemanhänger eine starre Deichsel (daher auch Starrdeichselanhänger genannt), also nur einen Drehpunkt. Die Reaktionen des Anhängers sind deshalb für den Fahrer einfacher einzuschätzen, durch den geringeren Abstand vom Drehpunkt zur hintersten Achse ist der Zug zudem insgesamt wendiger. Der eine oder andere Aufbauer hat Tandem-Kurzholzanhänger im Angebot, bei Schuchardt gab’s so etwas bisher nicht. Die Kasseler sind sozusagen Haus-Fahrzeugbauer bei der „Holz Rücken & Einschlag GmbH“, Ingo Ramps Arbeitgeber. Bei Schuchardt spielte man aber bereits mit dem Gedanken, einen Tandemanhänger zu bauen – da kam der Wunsch des Stammkunden aus Mecklenburg- Vorpommern gerade recht und das Projekt wurde angegangen.
Starker Kran mit Kabine
Man wagte es kaum zu hoffen, doch als wir am Polter angekommen sind, macht der Regen tatsächlich eine längere Pause; wäre es naß geblieben, hätte Ingo Ramp sich trotzdem über einen trockenen und warmen Arbeitsplatz freuen dürfen, denn der Epsilon M120 verfügt über eine Krankabine. Bei jedem Wetter punktet der um 110 Zentimeter hochfahrbare Kabinen-Arbeitsplatz mit einer guten Sicht, die nicht wie beim serienmäßigen Heckhochsitz durch die Kransäule behindert wird. Wer eine bessere Sicht möchte, aber eine Kabine für verzichtbar hält, bekommt bei Epsilon auch einen Seitenhochsitz. Ingo Ramp findet Krankabinen jedenfalls super und wollte dieses Extra unbedingt am neuen Holzzug haben. Daß sein Chef Dirk Reishaus ihm diesen Wunsch erfüllte, liegt sicher auch daran, daß bereits Ramps Vorgängerfahrzeug mit einer Krankabine bestückt war – er hatte also fast sieben Jahre lang Zeit, sich an diesen Luxus zu gewöhnen, da würde sich ein neuer Holzzug ohne Kabine fast nach Bestrafung anfühlen ...
Die tollste Kabine nutzt herzlich wenig, wenn sie an einem popeligen Kran sitzt. Das kann man über den Epsilon M120L80 wahrlich nicht behaupten, mit 116 kNm Hubmoment muß sich der Österreicher vor kaum einer Aufgabe verstecken. Für die Holz Rücken & Einschlag GmbH stellt der Epsilon eine weitere Premiere dar, denn es ist ihr erster L-Kran nach einer ganzen Reihe von Z-Kranen. Der Grund ist schlicht und einfach das Gewicht, der L-Kran spart gegenüber dem vergleichbaren M120Z79 immerhin gut zwei Zentner – irgendwie müssen die etwa 350 Kilo der Kabine ja wettgemacht werden. Aus demselben Grund begnügten sich die Vorpommern mit einem Einfachteleskop, der M120L97 mit Doppelteleskop und 9,70 Meter Reichweite wiegt nämlich immerhin 120 Kilogramm mehr. Außerdem genügen acht Meter Reichweite meist vollauf und Doppelteleskope haben mehr Bauteile und somit ein potentiell höheres Risiko von Defekten.
Und wie wäre es gewesen, durch den Aufbau eines viel schwächeren Kranes deutlich mehr Gewicht zu sparen? Reishaus winkt ab: Wenn’s im Wald mal enger wird, könne man den Anhänger per Kran in die g wünschte Richtung bewegen. Außerdem habe man es immer mal wieder mit starkem Laubholz zu tun, für das ein Acht-Metertonnen-Kran oftmals zu schlapp wäre. [...]
Jan Biernath
Der komplette Artikel ist in der Ausgabe FORSTMASCHINEN-PROFI Juni 2015 erschienen.
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www.jw-tec.de